Davon können viele ein Lied singen: Gerade jetzt, in der stillsten Zeit des Jahres, kann es beim Familienfest etwas lauter werden, wenn die Themen „vegan“ und „Nachhaltigkeit“ angesprochen werden. Für mich ist dieser Lebensstil längst eine Tradition. Aber traditionellerweise heißt es bei den Festivitäten mit der Verwandtschaft oft – egal, ob es sich dabei um die schon wochenlang vorbestellte Weihnachtsgans, blinkende Weihnachtsdekorationen oder die gerade-gewachsene Weihnachtstanne handelt: Alles soll sein wie immer. Und manchmal schmeckt der Wunsch nach nachhaltigem Handeln und pflanzlichen Schmankerln den Familienmitgliedern gar nicht so gut. Trotzdem steht das auf meinem Wunschzettel ganz oben und ich habe ein paar Tipps, mit denen es sich nachhaltig und pflanzlich feiern lässt.
OH DU FRÖHLICHE – BESONDERS FÜR ALLE, DIE PFLANZLICHE UND NACHHALTIGE WEIHNACHTEN FEIERN WOLLEN
1. ZEIT STATT ZEUG – DIE SINNVOLLE ALTERNATIVE.
Die „Gewinner“ des vorweihnachtlichen Konsumwahnsinns: Gutscheine, Pflegeartikel, Bücher, Bekleidung, Schmuck, aber auch Technik – durchschnittlich 365 Euro lassen die ÖsterreicherInnen sich all das kosten. Doch auch unsere deutschen NachbarInnen sind an Weihnachten spendabel und geben im Durchschnitt 475 Euro pro Person aus. Die Konsumorgie ist in vollem Gange. Sich deshalb das Schenken schenken? Keineswegs!
Mein Tipp: Zeit statt Zeug. Ob ein Theater- oder Konzertbesuch, ein Spiele- oder Filmabend, ein Wellnesswochenende oder ein Spaziergang: Denn Zeit hat man nicht – man nimmt sie sich! Gerne auch für ein veganes Winterpicknick.
Zeit kannst du auch schenken, indem du etwas selbst gemachtes weiterschenkst – das geht auch, wenn man älter als zwei Jahre ist und weiß, dass die bunten Handabdrücke auf weißem Papier jetzt nicht mehr so passend sind. Wie wäre es mit veganer Marmelade, Brotaufstrichen, Pesto oder feinen Keksen? Oder selbst gemachtem Schmuck oder vegane Kosmetik? Mein persönliches Highlight: selbst gemachte Nudeln. Gut, den veganen Wein dazu, den kaufe ich lieber ein. Achte nur darauf, dass die Produkte nicht nur gut schmecken, sondern auch die Zutaten ein Genuss sind: regional, saisonal, phänomenal. Äpfel, Birnen, Schwarzwurzel, rote Rüben, Kürbis oder auch Karotte und Erdäpfel – all das ist auch im Winter frisch geerntet oder auf Lager erhältlich.
Du kannst aber auch anderen eine gute Zeit schenken, indem du Ressourcen stiftest, statt Ressourcen zu verbrauchen. Was ich damit meine: Spende im Namen des Beschenkten. Mit deiner Spende kannst du gemeinnützige Organisation wie Oxfam unverpackt, Ärzte ohne Grenzen oder auch die Welthungerhilfe bei ihren Projekten unterstützen. Plus: Meist gibt es dafür eine Spenden-Urkunden oder Grußkarte. So verschenkst du ein gutes Gefühl. Und genau: Spenden sind steuerlich absetzbar.
All das ist viel besser als ein unkreatives Geschenk, das nur ausgepackt wird, um dir eine Freude zu machen. Meine kurze Liste der Dauerbrenner der Einfallslosigkeit für uns Frauen: Waage, Bügeleisen, Küchenmaschinen wie Standmixer oder Schnellkochtopf. Für Männer: Bohrmaschine, Schmuck, Plüschtiere, Kuschelkissen, Krawatten oder Socken. Und nicht zu vergessen: die Geschenke, die eigentlich nur für einen selbst sind – wie die von Männern so gerne eingepackten Dessous.
2. UNPACKBAR, WAS DA EINGEPACKT WIRD!
8.000 Tonnen an Geschenkpapier landen jährlich an Weihnachten in deutschen Mülleimern. Und 900 Tonnen pro Jahr in Österreich. Kannst du dir das vorstellen: Neun! Hundert! Tonnen! Aber natürlich: Das Auspacken der Geschenke zählt für viele zu den schönsten Momenten, auch für mich. Ein echtes Weihnachtsspektakel – auf ein mühevolles Einpacken folgt das gnadenlose Zerfetzen des Papiers und der Müllberg. Wie aber soll man nun Geschenke verpacken, ohne Unmengen an Geschenkpapier zu brauchen? Und trotzdem die feierliche Laune nicht zu gefährden? Geht das überhaupt?
1. Mehr als ein Siegel, das keiner bemerkt: der blaue Engel
Auch wenn dir das Siegel bisher noch nicht aufgefallen ist, so garantiert es, dass das sogenannte Recycling-Geschenkpapier wirklich besser ist: Bestehend aus 100 % Altpapier, werden keine Bäume abgeholzt und auch der Wasserverbrauch ist bei der Herstellung geringer als bei klassischem Geschenkpapier.
2. Alt und gut
Nutze alte Tageszeitungen, Notenblätter, Landkarten oder Stadtpläne für deine Verpackung.
3. Ein Geschenk im Geschenk
So wird besonders an Weihnachten jede einfache Blechdose also Keksdose zum VerpackungsHingucker: Such doch am besten auf Flohmärkten nach Vintage-Dosen.
4. Darauf heben wir das Glas
Gläser sind wahre Alleskönner, wenn es sich um Geschenkverpackungen handelt. Gerade bei Lebensmitteln oder Süßigkeiten. Aber auch Geldgeschenke in Form einer Flaschenpost.
5. Machen wir den Sack zu
Ein Geschenk, in einem Jutebeute – natürlich Fairtrade – verpackt, ergibt gleich ein doppeltes Geschenk. Gestickt oder selbstbedruckt ist es nicht nur funktionell, sondern auch persönlich.
6. Gut verbackt
Ideal für Last-Minute-Geschenke: Materialien wie Backpapier, die hat man meist eh im Haushalt.
6. Natürlich verziert
Und last, but not least – anstelle von keinen Schleifen oder Bänder, verwende doch, was uns die Natur schenkt zum Verzieren: echte Zweige, Tannen und Zapfen.
3. OH(NE)! TANNENBAUM. WIE JETZT?
Ich glaub, ich steh’ im Wald – aber wo sind die Bäume hin? Mehr als 30 Millionen Tannen stehen an Weihnachten in deutschen Wohnzimmern. Was du vielleicht nicht wusstest: 80% der Bäume werden in Monokulturen gezüchtet, gespritzt und gedüngt. Der Weihnachtsbaum soll ja schnell und gleichmäßig wachsen und am besten grüner als grün sein. Viele Edel- oder auch Nordmannstannen haben sogar eine Europareise hinter sich. Was für ein Wunder – werden diese oft aus Skandinavien importiert. Auch mehr als 2,8 Millionen ÖsterreicherInnen kaufen sich an Weihnachten einen Baum, wobei nur 300.000 aus nicht heimischem Anbau stammen.
Die Alternative: Ein heimischer Weihnachtsbaum in Bio-Qualität. Da es hier aber keine einheitliche Kennzeichnung gibt: Nachfragen oder hier nachschauen. Mein Favorit: ein lebender (Miet-)Weihnachtsbaum aus dem Topf. Selbstverständlich mit Anlieferung und Abholservice. So verlängert sich das Leben der Christbäume. Und wenn du Gefallen an dem Baum gefunden hast, dann kannst du ihn einpflanzen. Denn, wo gehört die Tanne eigentlich hin? Richtig: in den Wald!
4. DIE ERLEUCHTUNG: WEIHNACHTEN OHNE ERDÖL UND PALMÖL!
Weihnachten ohne Kerzen, das geht gar nicht? Stimmt. Aber die meisten Kerzen bestehen aus Paraffin, also aus umweltproblematischem Erdöl – oder aus Palmöl, angebaut auf Monokultur-Plantagen, wo eigentlich der Regenwald stehen sollte. Noch dazu befinden sind viele der Teelichter in umweltschädlichen Alu-Behältern. Alternativ dazu gibt es mittlerweile Bio-Kerzen, die aus nachwachsender Biomasse besteht. Oder aus Soja- und Rapswachs, also 100% tierproduktfrei und auch ohne sonstige Zusatzstoffe. Garantiert vegan. Na eben, so kann man zu Weihnachten die Augen leuchten lassen.
Und wie sieht’s mit Lichterketten, leuchtenden Rentieren oder an der Hauswand emporkletternden Plastikweihnachtsmännern aus? Gut, gegen schlechten Geschmack kann man nicht viel tun, für die Umwelt aber schon: Der Energieverbrauch der Leuchten lässt sich leicht reduzieren. Ein Stück weit nachhaltiger wäre die Verwendung von LED-Lichtern. Sie brauchen nicht nur bis zu 90 % weniger Strom, sondern halten auch noch 20-mal länger als herkömmliche Lampen. Außerdem: Ab und zu kann man sie auch ausschalten, oder?
5. TRADITIONELL ANDERS ESSEN
Und nein. Ich schlage nicht Tofuwürstl anstelle der Weihnachtsgans vor. Doch, und da kommt „mein“ ABER: Auch oder gerade an den Weihnachtsfeiertagen darf man langjährige Traditionen hinterfragen: Warum also isst man an Weihnachten Rindsuppe mit Würstl, Gans oder Karpfen? Und jetzt folgt eine gewagte Frage: Könnte es nicht auch etwas anderes sein? Ob Gemüsetarte, Feldsalat mit Karotten und Schwarzwurzel oder eine leckere vegane Roulade mit einer Kartoffel-Rosenkohl-Pfanne – alle Zutaten dafür finden sich in jedem Supermarktregal. Noch dazu regional. Kein wochenlanges Vorbestellen der Weihnachtsgans oder ein stundenlanges Garen im Ofen. Mit mindestens fünf Beilagen, die verstehen sich traditionellerweise von selbst. Stattdessen: Eine neue Familientradition, die gemeinsam überlegt und zusammen gekocht wird.
6. KEIN MIST: SO VIEL WIRD VERSCHWENDET.
Ob vegan, vegetarisch, flexitarisch oder omnivore – durchschnittlich 19 Kilo an vermeidbaren Lebensmitteln landen jährlich pro Person im Müll. Stolze 300 Euro je Haushalt. Was aber hat das Ganze mit Weihnachten zu tun, fragst du dich? Rund um den Heiligen Abend werden ein Fünftel der Jahresmenge an einwandfreien und genießbaren Lebensmitteln weggeworfen. Die Folge: Nicht nur unsere Bäuche sind voll, sondern auch unsere Mülltonnen. Was also tun?
PLAN DEIN WEIHNACHTSMENÜ BEREITS IM VORAUS UND ERSTELL DIR EINEN ESSENSPLAN.
Zu viel des Guten ist eben zu viel des Guten – lieber weniger einkaufen und wirklich nur das, was aufgegessen wird.
ES IST ALLES EINE FRAGE DER TAKTIK – AUCH ZU WEIHNACHTEN LÄSST ES SICH BEWUSST EINKAUFEN.
Zieh nur mit einer Einkaufsliste los. Dann vermeidest du den Griff zu „Nimm 3, zahl 2“ Lockangeboten.
BETRITT DEN SUPERMARKT NIEMALS HUNGRIG.
Denn ansonsten bist du ein leichtes Opfer für nette Marketing-Slogans oder einfach alles andere, das gut riecht oder als „Testprobe“ so fein schmeckt.
SCHAUEN, RIECHEN, TASTEN, OB ES NOCH SCHMECKT.
Das Mindesthaltbarkeitsdatum bedeutet nicht gleich Verfallsdatum bzw. Verbrauchsdatum. Das Mindesthaltbarkeitsdatum gibt an, bis wann ein Lebensmittel seine „in der Werbung“ angepriesenen Eigenschaften behält. Wenn also das angegebene Datum überschritten ist, dann bedeutet es nicht, dass es abgelaufen ist und in den Müll gehört. Ansonsten wäre es wahrscheinlich nicht erlaubt, Lebensmittel auch noch nach Ablauf des Datums weiter zu verkaufen. Oder? Verlasse dich lieber auf deine Sinne und überprüfe, ob ein Lebensmittel noch genießbar ist.
BITTE GERNE ÜBER DEN TELLERRAND SCHAUEN.
Bleibt dir auch nach der besten Planung etwas vom Festessen über, so gibt es gerade in Städten die Möglichkeit des Foodsharings. Eine Liste an Initiativen findest du hier.
Offen gesagt: Nicht perfekt nachhaltig oder vegan – das ist vielleicht auch ein erster Schritt! Denn CO2, Energie oder auch Müll einzusparen das ist das eine. Möglichst besinnlich und vor allem glücklich über die Weihnachtsfeiertage zu kommen, dass andere. Bewusstes Genießen und gemeinsame Traditionen gehören da eben dazu. Vielleicht kannst du ja heuer deine Familie dafür begeistern, dass es sich auch vegan und nachhaltig gut feiern lässt. Und nächstes Jahr hat es dann schon Tradition. Also, oh du Fröhliche – am besten gemeinsam und viel Freude an den Tipps!
Eure Nadina